Stress pur im Büro? Ständig erhält man etwas mit „Dringend“ auf den Tisch?
Sie kennen das sicher: Es kommt jemand ins
Büro gestürzt, knallt einen Akt auf Deinen Schreibtisch und sagt knapp:
„Das ist dringend!“
Antwort „Wie dringend?“
„Sehr dringend“
Die erste passende Antwort darauf ist:
„Kannst du das präzisieren? Eine Stunde, ein Tag, eine Woche?»
Meist steigt dann schon die Ungeduld und
die Antwort ist „Morgen!“
Dann greifst Du zu einer Deiner stärksten
Waffe: „Und was passiert, wenn es nicht morgen erledigt ist? Brennt es dann,
verlieren wir einen Auftrag, Geld, was ist die Konsequenz?“
Dann ist meist kurz Stille und Nachdenken
angesagt. Um einer Antwort zu entgehen kommt vom Aktenboten „Ich möchte darüber
nicht diskutieren, einfach dringend…!“
Und dann beginne ich zu erklären: „Ich muss
unterscheiden können ob es dringend oder wichtig ist! Wenn ich die Auswirkung
des Nicht-Handelns nicht kenne, kann ich nicht beurteilen ob es wirklich
dringend und wichtig ist, welchen Aufwand wir hineinstecken müssen und
welche Priorität wir diesem Akt zuordnen“.
Was ist dringend und was wichtig?
Was lernen wir daraus? Etwas was „Dringend“
ist muss nicht „Wichtig“ sein und was „Wichtig“ ist muss nicht „Dringend“ sein.
Im englischen Sprachgebrauch gibt es den Begriff „Sense of urgency“, das
„Gefühl der Dringlichkeit“. Lieber
verwende ich den Begriff „Awareness of urgency“, also das Bewusstsein, weil das
noch besser den Fokus trifft.
Es gibt auch bei Dringlichkeit das
Opportunitätsprinzip, denn meist sind mehrere Arbeiten gleichzeitig „dringend“.
Nachdem ich hier versucht habe, den
Unterschied zu klären was „Dringend“ oder „Wichtig“ ist, komme ich zum
eigentlich interessantesten Punkt von „Dringend!“
"Dringend" ist ein "Versäumnis"!
Dringend heisst für mich meist, dass jemand
anderer schon etwas versäumt hat. Also: Dringend = Versäumnis! Einen Akt mit
„Dringend“ auf den Tisch ist nichts anderes als das Delegieren von
Versäumnissen! Das kann ein Kunde sein, ein Mitarbeiter, eine Führungskraft
oder irgendein anderer Stakeholder, der etwas versäumt hat und in Verzug ist.
Zudem ist es oft nicht nötig, dass etwas
wirklich „Dringend“ getan werden muss. „Dringend“ ist eine praktische
Punzierung, um selbst nicht planen zu müssen. Meine Erfahrung zeigt dass in den
meisten Fällen, wenn etwas als „Dringend“ definiert wird, es gar nicht so
dringend ist. Eine Rückfrage beim Kunden mit der Bitte um längeren Liefertermin
ergibt sehr oft, dass dies problemlos möglich ist. Man kann ja zumindest
fragen, oder?
In diesem Sinn bin ich ein Schelm:
Wichtiges macht man sofort, Dringendes in einigen Tagen.
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